Unsere alte Lehrerin, eine kleine gebeugte Frau, lebte allein am Stadtrand. Ihr Mann ist schon vor Jahre gestorben und Kinder hatten sie keine. Sie unterrichtete in der Grundschule Biologie und Musik, eine interessane Kombination. Musik unterrichtete sie, weil sie mehrere Instrummente spielte. Mit besonderer Vorliebe spielte sie auf der Geige. Dabei vergass sie großzügig die Zeit. Die sanften Töne, der harmonische Rhythmus, lies sie alles vergessen. Daneben spielte sie natürlich auch Klavier und das ziemlich gut. Bei schulichen Veranstaltungen begleitet sie immer den Schulchor. Da wurden oft wunderbare Stücke aufgeführt wie Schubert, Mozart oder Carl Orffs Carmina Burana. Die Besucher waren begeistert.
Biologie unterrichtete sie, weil sie alles, das mit Leben zu tun hat mag. Pflanzen, Tiere, Menschen, die natürlichen Zusammenhänge, das war ihr Metier. Als Haustier hielt sie sich eine Schildkröte. Frau Mayer, so hieß unsere alte Lehrerin, meinte sie mag sie, weil sie so genügsam und anspruchslos sind. Und sie würde so eine Ruhe ausstrahlen. Im Unterricht war Frau Mayer zwar entspannt, aber bei den Prüfungen war sie streng. Da half kein Flehen: Wer nichts gelernt hatte, war unten durch bei ihr.
Ihr Biologieunterricht war legendär. Sie brachte immer Anschauungsmaterial mit. Sei es Pflanzen von der wilden Wiese, Blumen aus ihrem Garten oder ein Haustier aus der Nachbarschaft. Als sie mal eine Maus mitbrachte, war in der Klasse etwas geboten. Einige grauste sich vor dem Mäuschen und begannen zu kreischen. Da hüpfte die verschreckte Maus wie wild umher, was zu mehr Aufregung führte. Frau Mayer war fassunglos, über die Voruteile von wegen Mäuse sind Ungeziefer. So etwas konnte sie gar nicht leiden.
Das war eine ABC-Etüde zur Schreibeinladung von Christiane. Sie ist Herrin der „Etüden“ und sammelt auf ihrem Blog „Irgendwas ist immer“ so Allerlei geschriebenes. Die Wortspende kommt von Natalie vom „fundevogelnest“.
Ich wünschte mir, dass dieser Typus Mensch nie ausstirbt. Ich hatte so eine Dame für alte Sprachen. Damals wusste ich sie natürlich nicht so recht zu würdigen, heute habe ich sie in guter Erinnerung.
Danke fürs Erinnern! 😉
Nachtgrüße! 🌌🍷🍪🍁👍
…gern geschehen Christiane, ja so ist es, man weiß meist erst hinterher was gut war…LG Petra
Ich denke, früher waren die Lehrer einfach freier, ihren Unterricht selbst zu gestalten. Dann haben die Vorgaben und strengen Lernziele der Schulämter immer mehr für Einschränkungen gesorgt und der Unterricht war nicht mehr so lebensnah und authentisch. Schade.
Ich weiß nicht, ob die Lehrer früher freier waren in der Gestaltung des Unterrichts, Werner. Für mich waren die meisten Lehrer fürchterlich, es gab nur wenig verständnisvolle oder einfühlsame Lehrer. An die paar gute erinnert man sich gerne, aber der Rest kann vergessen werden. Heute Lehrer sein ist in der Tat schwieriger, aber das liegt auch an den Eltern. Der Umgang untereinander hat sich extrem gewandelt. Nicht nur in diesem Bereich.
LG Petra